No Cap – Italienische Tomatenprodukte ohne Ausbeutung

No Cap – Italienische Tomatenprodukte ohne Ausbeutung

Den Preis für Billiglebensmittel zahlen nicht die Verbraucher an der Supermarktkasse, sondern sehr oft Menschen, die die Produkte ernten.

Arbeitsausbeutung ist in etlichen europäischen Ländern (auch in Deutschland) eine Realität, die je nach Land und Sparte anders aussieht. In Italien sind es weitestgehend illegale Formen der Arbeitsvermittlung, beispielswiese bei der Tomatenernte.

Erntehelfer sterben in Italien – sie lebten wie Sklaven - Nur durch ...

                                                                  Foto: Netzfrauen

                                     Das Caporalato-System

Das System heißt „Caporalato“, benannt nach den Caporali, den Arbeitsvermittlern, die Tagelöhner rekrutieren. Sie suchen sich morgens die Arbeiter aus und bringen sie in überfüllten Bussen auf die Felder, wo sie unter sengender Hitze und zu extrem niedrigen Löhnen (25 bis 30 Euro) 12 Stunden ohne Pause Tomaten pflücken. Einen Teil des Tagesverdienstes behält sich der Caporale für Transport, Essen, Wasser und Unterkunft in Baracken ein. Kenner sprechen hier auch von moderner Sklaverei. Besonders schlecht geht es dabei Schwarzafrikanern, die ohne Papiere und Aussicht auf politisches Asyl schon in Auffanglagern angeworben werden.

Yvan Sagnet-Kämpfer gegen Ausbeutung

Der Kameruner Yvan Sagnet (Foto) musste dies als Erntehelfer auf den Tomatenplantagen Süditaliens am eigenen Leib erfahren. Er wurde dort zum Aktivisten im Kampf gegen das mafiöse System der Ausbeutung von Geflüchteten, wofür er 2017 sogar mit dem Verdienstorden der Italienischen Republik ausgezeichnet wurde.

Nachdem er im Juli 2011 mehrere Hunderte Mitarbeiter auf einer Tomatenfarm zu einem zwei Monate langen Streik mobilisieren konnte (Aufstand von Nardo), wurde das Problem an die Öffentlichkeit getragen. Mit der Folge, dass die Politik Gesetze auf den Weg brachte, die das Caporali-System der Arbeitsvermittlung unter Strafe stellten.

Seit 2011 gibt es dazu einen eigenen Paragraphen im italienischen Strafgesetzbuch, Geld- und Haftstrafen für den Tatbestand wurden 2016 durch das Parlament noch einmal verstärkt. Doch auch wenn es Polizeikontrollen und Razzien gibt, existiert das Caporalato-System nach wie vor, auch deshalb, weil die oft illegal Beschäftigten  erpressbar sind. Das System zeigt sich immer dann, wenn es zu Unfällen mit überfüllten Bussen, Erschöpfungstod oder einem Brand in einem der Ghettos kommt, in denen die Arbeiter wohnen. (Infos: Oliver Meiler, Die Agromafia, S.49)

 

 

Aber es gibt Alternativen. Das No Cap- Symbol mit den aufgereckten Händen auf den Produkten, das für den von Yvan Sagnet 2017 gegründeten Verein steht, besagt, dass die Tomaten unter menschenwürdigen Arbeitsbedingungen und ohne Caporali geerntet wurden. Die Arbeiter haben reguläre Arbeitsverträge, Pausen werden eingehalten, sie verdienen bei sechseinhalb Stunden Feldarbeit 55 Euro pro Tag und leben in sauberen Unterkünften.

Im Fairkaufladen führen wir ab dem 18.1.  fünf verschiedene Tomatenprodukte in Bioqualität von No Cap: rote Passata, gelbe Passata aus Datteltomaten, geschälte Tomaten, eine Sauce aus Kirschtomaten und eine aus Datteltomaten.

 

Die folgenden Quellen beziehen sich zum Teil auf den von Milo Rau gedrehten Film „Das neue Evangelium“, in dem Yvan Sagnet die Rolle von Jesus spielt (der erste schwarze Jesus des europäischen Films). Ausschlaggebend für Raus Film war die Frage, wofür Jesus heute eintreten würde. Szenen aus dem Leben der Flüchtlinge und dem Protest gegen sklavereiähnliche Zustände in der Landwirtschaft wechseln mit nachgespielten Kapiteln aus der Bibel. Der Film ist als DVD erhältlich.

https://www.zdf.de/nachrichten/video/panorama-tomatenernte-ausbeutung-100.html                                           https://nocap.oeko-und-fair.de/                                                                                                                                          https://www.sueddeutsche.de/kultur/das-neue-evangelium-film-milo-rau-ivan-sagnet-kritik-1.5152480                                                                                                                                                                                                       https://sz-magazin.sueddeutsche.de/kino/yvan-sagnet-jesus-film-interview-89545

https://taz.de/Inszenierung-mit-Fluechtlingen/!5631752/