Schon früh orderte Christa Jürgensonn, zweite Vorsitzende der SPD Petershausen, im Fairkaufladen genug Glühwein für eine Informationsveranstaltung im Freien. Genau da, wo demnächst womöglich Häuser und Wohnungen für maximal 700 Einwohner entstehen könnten, informierten Mitglieder der SPD-Fraktion Anwohner und andere Interessierte über das Baugebiet „Rosenstraße“.
Themen waren Art und Dichte der Bebauung, Verkehrsführung, Schallschutz, Freiraumgestaltung, Energiekonzept oder auch die Entwässerungsproblemtik. Nach einer ersten sehr gut besuchten Bürgerinformationsveranstaltung am 7. November vergangenen Jahres soll eine weitere offizielle Beteiligung der Öffentlichkeit im Rahmen der 1. Auslegung zum Bebauungsplan im Frühjahr/Sommer 2019 erfolgen.
geplantes Baugebiet Rosenstraße (Foto: Büro Eble, Messerschmidt und Partner )
Das mit dem Glühwein erwies sich als eine sehr kluge Idee, denn bei nasskaltem Winterwetter und Schnee konnten sich die Beteiligten innerlich und äußerlich (zumindest die Hände) ein wenig aufwärmen. Aber nicht nur das. Der Glühwein stammt von einem Vorzeigeunternehmen in Südafrika, das schon seit Jahren zeigt, dass man Weine dort auch nach ganz anderen Arbeitsstandards anbauen kann als die, die normalerweise dort vorherrschen.
Südafrikanischer Wein in Dicountern als Billigware verramscht
Nach einer Studie der Entwicklungsorganisation Oxfam, die sich auf eine Befragung von 350 Frauen der südafrikanischen Partnerorganisation „Women on Farms Project“ WFP bezieht, herrschen auf südafrikanischen Wein-Plantagen extrem schlechte Arbeitsbedingungen, besonders für Frauen.
Sie arbeiten häufiger als Saisonarbeiterinnen in unsicheren Arbeitsverhältnissen, bekommen für die gleiche Arbeit weniger Lohn und werden sexuell belästigt oder müssen dies fürchten. Der Mindestlohn wird durch extrem hohe Zielvorgaben beim Traubenpflücken umgangen. Werden die Tagesziele nicht erreicht, würden Löhne gekürzt oder es müssten unbezahlte Überstunden gemacht werden. Gut die Hälfte der Frauen sagte, sie seien während der Arbeit giftigen Pestiziden ausgesetzt sind und trügen oft keine Schutzkleidung. Mitgliedschaft in einer Gewerkschaft ist in der Regel verboten bzw. ist das Betreten einer Plantage für eine Gewerkschaft nicht erlaubt.
Mitverantwortlich dafür, so Oxfam, seien deutsche Supermarktketten, die die Preise für Wein und Tafeltrauben extrem nach unten diktierten. Dominant sind hier nach Berechnungen des Deutschen Weininstituts besonders die Discounter, die 40 Prozent des in Deutschland konsumierten Weines verkaufen. Deren Preisdiktat lasse keinerlei Spielräume für gute Arbeitsbedingungen in Südafrika.
Infos: – Oxfam Deutschland (2017): „Billig verkauft-teuer bezahlt, Ausbeutung im südafrikanischen Weinanbau“
– Welt-Sichten (2017): „Das Leid hinter dem Discounter-Wein“
Vorzeigeunternehmen Stellar Organics
Ganz anders die Arbeitsbedingungen bei Stellar Organics. Der Eigentümer Willem Rossouv begann schon Mitte der 90er Jahre mit der Umstellung auf biologischen Anbau und erreichte 2003 als erstes Bio-Weingut Südafrikas die ‚Fairtrade’-Zertifizierung nach FLO Standards. Im August 2011 wurde dann die darüber hinaus gehende „Fair for Life’-Zertifizierung“ durch die IMO/Schweiz abgeschlossen.
Foto: Stellar Organics
Für die 200 farbigen Mitarbeiter und ihre Familien ist Stellar Organics eine sehr wichtige Institution. Für südafrikanische Verhältnisse sind die Arbeitsbedingungen bei Stellar vorbildlich. Die Arbeiter sind fest angestellt und leben mit ihren Familien in kleinen Häuschen mit Garten, die von Stellar zur Verfügung gestellt wurden. Durch die Anschaffung eines komplett eingerichteter Klinikbusses mit allem medizinischen Inventar kann seit 2015 eine medizinische Grundversorgung gewährleistet werden. Die Kinder der Arbeiter gehen in den Kindergarten und die Grundschule. Und wer eine weiterführende Schule besuchen will, wird mit dem betriebseigenen Schulbus in die nächste Stadt gefahren.
Die Kellerei hat ihre Arbeiter seit Jahren mit 26 Prozent Anteilen beteiligt, mit den neuen Weinbergen sollen es künftig 51 Prozent sein. Stellar Organics wäre dann das erste große Weingut im Besitz der überwiegend schwarzen Beschäftigten. (Info: Stellar Organics)
Der Glühwein hat also nicht nur die Hände und den Magen der Petershausener Bürger beim Ortstermin „Rosenstraße“ erwärmt, sondern sorgt am anderen Ende der Welt für die Einhaltung von guten Arbeitsstandards.
Je mehr Gelegenheiten wir in Vereinen, Schulen, Kirchen oder eben auch in Parteien für diese Fairbindungen schaffen, umso stärker und bunter wird die Fairtrade Gemeinde Petershausen.