Hort für Kinder Arche Noah erkundet den Fairkaufladen – Bericht über den Besuch

Hort für Kinder Arche Noah erkundet den Fairkaufladen – Bericht über den Besuch

Foto: Die erste Gruppe der Hortkinder, die mit Niklas Klimsch gekommen sind, finden gerade heraus, aus welchen Materialien die Körbe bestehen.

Zwei Jahre ist es nun her, seitdem der Fairkaufladen Corona-bedingt mit zeitlich eingeschränkten Öffnungszeiten  und begrenzter Kundenzahl arbeiten musste. Vor allem aber war es unmöglich, in dieser Zeit Gruppen von Schülern im Laden zu empfangen.

Wir freuten uns deshalb ganz besonders, dass Niklas Klimsch sowie Ramona Wambach und ihre Mitarbeiterin Claudia vom Haus für Kinder Arche Noah uns am Dienstag nacheinander mit zwei  kleinen Hortgruppen besuchten.

Das Ziel der beiden Mitarbeiterinnen des Fairkaufladens war reichlich ambitioniert: In einer Stunde sollten die Grundschüler herausbekommen, was das eigentlich für ein Geschäft ist, der Fairkaufladen. Um danach Kunden zu testen, was diese über den Fairkaufladen und den Fairen Handel wissen.

Vor dem Laden ging es zunächst um Themen wie: Warum heißt der Laden eigentlich Fairkaufladen? Was ist gerade aktuell in den Schaufenstern zu sehen? Aus welchen Materialien bestehen die Körbe vor dem Laden? Aus welchen Ländern kommen sie und in welchem Erdteil liegen diese?

Und da anlässlich des Weltgebetstags der Frauen gerade das Thema „Tee“ in einem Schaufenster dekoriert war: Welche Teile der Teepflanze werden gepflückt ? Wieviel kg frische Teeblätter  muss die Teepflückerin abpflücken, damit daraus 1 kg  getrockneter Tee entsteht ?

Hatten die Kinder vor dem Schaufenster schon Seegras, Hogla und Hirsestroh kennengelernt als Material für Körbe oder Palmensamen als Perlen für Schmuck, konnten sie im Laden nun erfahren, dass die Menschen in ärmeren Ländern mit einfachen Techniken und natürlichen Materialien, die sie vor Ort haben, schöne Gegenstände herstellen können.

Filzen z.B. ist so eine Technik, mit der Frauen in Nepal Dinge wie Untersetzer, Sitzkissen, Blumen oder lustige Figuren wie Eierwärmer herstellen. Mit einer kleinen Becherlupe konnten die Kinder untersuchen, wie verschlungen und dicht die kleinen Filzfäden (s.Foto) sind.

Filzprodukte

Aber auch aus Speckstein, der in Kenia in Gruben abgebaut wird, machen die Menschen dort mit einfachsten Geräten wie Säge, Meißel, spitzen Messern und Schleifpapier die beliebten Specksteinherzen und Tierfiguren. Auf Fotos konnten die Kinder die einzelnen Stufen vom Abbau des Specksteins in der Erde bis hin zum fertigen Produkt verfolgen.

Oder Menschen schnitzen aus Olivenholz mit seinen schönen Mustern Schalen und Löffel. Praktisch und vor allem plastikfrei verpackt, wie die Kinder bemerkten, sind auch die großen und kleinen Seifen im Bananenblatt aus Indien. Und da es etlichen  Ländern immer noch keinen Stromanschluss gibt, staunten die Schüler nicht schlecht, als sie die Sonnengläser aus Südafrika kennenlernten, die mit einem Solarmodul im Deckel wie Lampen funktionier

Warum braucht es eigentlich überhaupt Fairen Handel?

Am Beispiel von Schokolade erfuhren nun die Kinder, warum Fairer Handel so wichtig ist.  Denn Schokolade wächst ja nicht direkt auf Bäumen, sondern wird aus Kakao gemacht. Dieser entsteht nach wie vor mit viel Handarbeit. Zum Beispiel müssen die orangen Kakaoschoten, die an Bäumen wachsen, geerntet und mit scharfen Macheten geöffnet werden. Anhand von Fotos konnten die Schüler die einzelnen Schritte nachverfolgen.

Fairtrade-Kakao Amani Edouard - Mitglied der Kakao-Kooperative CANN von der Elfenbeinküste

Fotos: Transfair e.V. Fotograf: Sean Hawkey

Die glitschigen weißen Kerne müssen herausgeholt, zum Gären gebracht und auf Gestellen unter ständigem Wenden getrocknet sowie schwere Säcke mit Kakaobohnen herumgeschleppt werden. Für all diese Arbeiten müssen in Ghana und der Elfenbeinküste ca 2 Millionen Kinder arbeiten. Einfach deshalb, weil ihre Eltern nicht genug Geld für die schwere Arbeit bekommen oder sie aus Nachbarländern verschleppt werden. Leider werden Kakao und Schokolade, die auf diese Weise entstehen, auch bei uns verkauft.

Foto: Wo auf der Karte von Afrika befinden sich die Hauptanbauländer Ghana und Elfenbeinküste?

Ca 160 Millionen Kinder arbeiten für den europäischen Markt

Gibt es nur beim Kakaoanbau  diese Form von Kinderarbeit oder ist diese auch in anderen Produkten „enthalten“, die wir bei uns kaufen können? Sehr betroffen schauten sich die Schüler nun in einer Bilderserie die Produkte und Bereiche an, in denen heutzutage Kinder weltweit arbeiten müssen: Außer im Kakaosektor zum Beispiel auch bei der Kaffeeernte, beim Tabakanbau, in Minen, beim Gold schürfen, in Steinbrüchen,  in der Textilindustrie oder beim Auseinandernehmen von Elektroschrott. Diese Tätigkeiten haben seit 2016 zugenommen, ca 160 Millionen Kinder arbeiten für Produkte, die wir in Europa importieren, so wie neue Studien von UNICEF und ILO (Internationale Arbeitsorganisation) belegen.

Es gibt verschiedene Formen von Kinderarbeit

Wichtig aber auch zu wissen: Kinderarbeit ist nicht gleich Kinderarbeit. Das konnten die Kinder auf zwei Plakaten deutlich voneinander unterscheiden. Viele Kinder auf der Welt verrichten leichte Arbeiten in ihren Familien, z.B. beim Wasser holen, beim Aufpassen auf Geschwisterkinder, beim Ziegen hüten, beim Feuerholz holen. Allerdings besuchen sie gleichzeitig die Schule. „So ähnlich wie bei uns“, bemerkten die Schüler*innen, „wenn wir zuhause mithelfen müssen“.

     

 

          Was ist eigentlich ein gerechter Lohn?   – Fußballspieler Cristiano Ronaldo und Fußballnäher Nadeem

Beim Thema „Was ist eigentlich ein gerechter Lohn?“ gab es am Beispiel des monatlichen Gehalts von Cristiano Ronaldo (1,5 Millionen und zusätzliche Werbeverträge in Millionenhöhe) und dem pakistanischen Fußballnäher Nadeem (Monatslohn 225 Euro dank Fairem Handel, keine Werbeverträge) interessante Diskussionen. Hat Ronaldo als Spitzensportler soviel Geld verdient? Könnte er nicht von seinem vielen Geld etwas an die Fußballnäher abgeben, die ja auch viel arbeiten ? Vielleicht sollte man mal einen Brief an ihn schreiben?

 Im Fairen Handel ist Kinderarbeit, die einen Schulbesuch verhindert, verboten

Gut zu wissen, dass im Fairen Handel leichte Arbeiten in der Familie erlaubt, aber Kinderarbeit strikt verboten ist, die einen Schulbesuch verhindert.

Dafür bekommen die Kakaobauern für ihre Arbeit von der Fairhandelsfirma einen Fairen Preis, von dem sie sich und ihre Familien versorgen können. Zusätzlich gibt es eine Fairtrade-Prämie für die Kooperative (das ist ein Zusammenschluss von Kakaobauern), zum Beispiel für den Kauf eines LKW’s, den Bau eines kleinen Kindergartens, den Bau einer  Wasserleitung, die Anschaffung von Schuluniformen, für die Ausbesserung einer holprigen Straße oder für Fortbildungen zum Ökologischen Landbau.

Blindverkostung

Umso besser schmeckte den Kindern nun die fair gehandelte Schokolade bei einer „Blindverkostung“. Blind verkosten heißt, mit geschlossenen Augen herauszuschmecken, wie sich die beiden Schokoladen unterscheiden. Die Kinder errieten – fast – ohne hinzugucken auf Anhieb, welche die Zartbitter und welche die Vollmilchschokolade war.

Lösung: Ladenmitarbeiterin Viktoria Stürzer hält die beiden Schokoladen hoch, die verkostet wurden: die Zartbitter mild mit 60% Kakaoanteil und die Vollmilch pur mit 33% Kakaoanteil

„Arche Noah- Rundfunk“

 

Mit so viel Wissen in kürzester Zeit ausgestattet, konnten die Kinder nun in die Rolle von Reportern vom Arche Noah-Rundfunk schlüpfen. Mit einem nachgebauten Mikrofon (Papprolle mit Kleberolle und Tischtennisball vorne) gingen sie mutig auf eine Passantin (die auch Kundin ist) und zwei Kunden im Laden zu und führten fachkundige Interviews zu dem, was sie kurz vorher gelernt hatten.

 

 

 

 

 

 

Beate J. schnitt sehr gut ab bei der Frage, was der Fairkaufladen eigentlich für ein Laden ist. Ihre Antwort brachte alle wesentlichen Gesichtspunkte so auf den Punkt, dass der Reporter und die ihn begleitenden Schüler doch sehr  überrascht waren. Dafür gab es dann auch einen verdienten Applaus.

Kunde Rolf T. musste etwas überlegen, als es um die Frage ging, aus welchen afrikanischen Ländern genau denn der meiste Kakao herkommt. Mit der Antwort „Westafrika“ gaben sich die Schüler nicht zufrieden, freuten sich aber, dass Herrn T. dann doch noch die Elfenbeinküste einfiel …

Und Kundin Johanna, die lieber nicht aufs Foto wollte, konnten die Hortkinder erklären, dass die Bohnen in einer frisch aufgehackten Kakaoschote natürlich nicht -wie sie meinte – braun, sondern weiß und glitschig sind. Um ihr gleich den genauen Werdegang der Entstehung von Kakao mit Hilfe der Fotos nochmal zu zeigen.

Insgesamt schnitten die Kund*innen -trotz kleiner Wissenslücken- bei den Interviews ziemlich gut ab, befanden die Schüler.

Und wir Erwachsenen waren begeistert, wie interessiert, ernsthaft und konzentriert die Hortkinder mit Unterstützung ihrer Betreuer Niklas, Ramona und Claudia bei der Sache waren.

Vielleicht können ja sie dann demnächst – anstelle der Fairkäuferinnen – mal eine Führung für andere Schüler durch den Laden machen? Denn eigentlich, so Hortleiterin Ramona Wambach, sollten alle Schüler der Grundschule diesen Laden einmal von innen gesehen haben.

Und da sie den Laden nicht nur von innen angeschaut haben wollten, kamen Acelia, Emiliana und Franziska gleich am nächsten Tag und kauften sich von ihrem Taschengeld einige schöne Produkte …